Die Ausgangslage
Es wird vom Verkäufer an den Käufer ein GmbH-Anteil (share deal) während eines laufenden Wirtschaftsjahres (z.B. am 26.06.2024) verkauft. Der Verkäufer soll die Gewinnansprüche für Zeiträume vor dem Verkauf (insbesondere für das laufende Wirtschaftsjahr und die Vorjahre) erhalten.
Doppelbesteuerung und Rechtsstreitgefahr
Beim Verkauf von GmbH-Anteilen kann es zur Doppelbesteuerung bzw. zur unnötigen steuerlichen Mehrbelastung kommen, wenn der Gewinnverteilungsbeschluss erst nach dem Verkauf gefasst wird. Laut § 27 GmbHG entsteht der Anspruch auf Ausschüttung erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluss – anders als bei Personengesellschaften. § 20 Abs. 5 EStG regelt, dass für steuerliche Zwecke die Ausschüttung demjenigen zugerechnet wird, der zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses Anteilseigner nach § 39 AO ist. Dies ist nicht abdingbar.
Beispiel
Ein Notarvertrag enthält die Regelung: „Die Gewinnrücklagen bis 31.12.2023 stehen (noch) dem Verkäufer zu.“ Wird der Jahresabschluss 2023 erst im Jahr 2024 nach dem Verkauf festgestellt, ist der neue Käufer bereits Anteilseigner des gekauften GmbH-Anteils. Zivilrechtlich steht der Gewinn 2023 dem Verkäufer zu, steuerlich wird die Ausschüttung jedoch dem Käufer zugerechnet. Dadurch entsteht Abgeltungssteuer auf den Namen des Käufers.
Das Problem
Zahlt der neue Gesellschafter die Nettodividende an den alten Gesellschafter (gemäß Notarvertrag), könnte die Finanzverwaltung die Überweisung der ausgeschütteten Altgewinne als zusätzliche Kaufpreiszahlung werten. Dies führt zu einer doppelten Versteuerung (Abgeltungssteuer für den Käufer und Teileinkünfteverfahren für den Verkäufer nach § 17 EStG).
Die Lösung
Um eine doppelte Versteuerung zu vermeiden, muss der Gewinnverteilungsbeschluss zu einem Zeitpunkt gefasst werden, zu dem der Verkäufer noch Anteilseigner ist. Der Gewinnverteilungsbeschluss kann bereits vor Ablauf des Kalenderjahres gefasst werden, für das der Gewinn zu verteilen ist – auch vor Feststellung des Jahresabschlusses.
Wichtiger Praxishinweis
§ 101 Nr. 2 BGB kann abbedungen werden, was jedoch bei hohen Gewinnrücklagen meist steuerschädlich ist. In diesem Fall stehen dem Käufer alle Altgewinne zu, was den Kaufpreis (in Höhe des Nettoausschüttungspotentials) erhöht. Der Kaufpreis kann steuerlich nicht abgeschrieben werden. Diese Variante ist in der Praxis häufig zu finden, jedoch ebenfalls steuerschädlich.
Fazit
Im Notarvertrag und steuerlich muss eine stringente Lösung bezüglich der Gewinnrücklagen (auch der unterjährigen im Verkaufsjahr) getroffen werden. Wir empfehlen, das Ihre Rechtsanwälte und Notare nicht ohne den Steuerberater Ihre Verträge gestalten.
Nachrichtlich die Rechtsvorschriften
- § 101 BGB: Regelungen zu Share Deals und Gewinnansprüchen bei GmbH-Anteilen
- § 20 Abs. 5 EStG: Gewinnzuweisung für steuerliche Zwecke
- § 27 GmbHG: Gewinnverteilungsbeschluss bei GmbHs
- § 17 EStG: Besteuerung zusätzlicher Kaufpreiszahlungen
Durch eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben können Unternehmer steuerliche Fallstricke beim Verkauf von GmbH-Anteilen vermeiden.